
Warum schreibe ich das alles hier?
5 ½ Monate sind seit meiner Diagnose Brustkrebs vergangen. Die ersten Wochen konnte ich kaum einen klaren Gedanken fassen. Seit ein paar Wochen kann ich meine Gedanken wieder klarer sortieren und habe angefangen Texte für meine Zitronensommer-Besties zu schreiben. Jetzt beschäftige ich mich rückwirkend nochmal genauer mit allem. Ich lese alle meine Befunde und Berichte nochmal. Ich möchte damit nicht sagen, dass ich zu allem blauäugig Ja und Amen gesagt habe, ganz und gar nicht. Ich habe mich sehr gut beraten gefühlt zu jeder Zeit bis heute und jede Entscheidung bewusst getroffen. Aber ich war nicht in der Lage, meine Gefühle und Gedanken aufzuschreiben. Bis heute nenne ich den Zustand, wenn ich mich in Gedanken oder in Sorgen verstricke, „Hamster im Laufrad“. Ich komme dann nicht raus. Es dreht sich alles immer und immer wieder im Kreis. Das Niederschreiben von Gedanken und Gefühlen bietet mir eine Möglichkeit, diese aus dem Kopf zu bekommen. Oft stauen sich Emotionen wie Angst, Trauer oder Wut auf, die ich jetzt versuche hier aufzuschreiben und das rückwirkend ab dem Tag der ersten Diagnose. Durch das Schreiben kann ich mich nochmal mit den Erlebnissen auseinandersetzen. Ich beginne, die Ereignisse zu analysieren und zu verstehen, was mir hilft, meine Gefühle zu ordnen und zu verarbeiten. Ich hoffe so die Kontrolle über meine Gedanken, wenn sie zum „Hamster im Laufrad“ werden, zurückzugewinnen. Das Teilen meiner Erfahrungen hier ermöglicht mir, mit anderen in Kontakt zu treten. Dieser Austausch kann gegenseitigen Trost und Unterstützung bieten. Auch wenn ich zunächst für mich selbst schreibe, kann es hilfreich sein, zu wissen, dass andere meine Geschichte lesen und daraus Kraft schöpfen können. Es kann mir vielleicht auch helfen, die kleinen Fortschritte und positiven Momente in meinem Leben bewusster wahrzunehmen.
Auch wenn es zunächst ein persönlicher Prozess ist, freue ich mich, positive Rückmeldungen und Unterstützung von vielen von euch zu erhalten, was mir zusätzlich Stärke und Mut gibt.

Ich bin Angela, 42 Jahre und Mutter von drei Kindern.
Ich möchte euch auf meine Zitronensommerreise mitnehmen. Diese hat schon am 12. März 2024 mit genau diesen Bildern begonnen. Auf dieser Reise befinde ich mich seit vier Monaten, auf einer emotionalen Achterbahn. Dieser Zitronensommer ist nicht immer schön, aber auch aus dieser Zeit gibt es hoffentlich Schönes zu berichten. Ich habe eine tolle Familie und tolle Freunde die hinter mir stehen und mich auf dieser Reise begleiten. Was alles auf mich zukommen wird, wusste ich am 12. März noch nicht. Nach und nach möchte ich hier darüber berichten. Die Diagnose hat von heute auf morgen mein Leben komplett auf den Kopf gestellt. Vor dem Tag, dass ich sagen muss „ich habe Brustkrebs", hatte ich viele Jahre Angst und doch nicht wirklich daran geglaubt, dass mir das passieren kann.

Seit dem 12. März gehe ich fast jeden Morgen nach einer schlaflosen Nacht spazieren um dem Gedankenkarussell zu entfliehen. Schlaf ist zum Fremdwort geworden, keine Ahnung, wie viel Schlafentzug ein Körper aushalten kann, zum heutigen Zeitpunkt weiß ich, sehr viel. Mittlerweile steht der Termin zur Biopsie, schon morgen am 13. März. Muss ich mir nichts vormachen, habe es im Jahr 2017 schon einmal durchgemacht. Es ist widerlich. Jetzt heißt es warten und drauf hoffe, dass jemand kommt und man aus diesem Albtraum aufgeweckt wird. Ich kann es nicht zählen, wie oft ich geweint habe und mir jedes Mal aufs Neue der Boden unter den Füßen weggezogen wurde. Ich habe vermutlich das komplette Internet leer gelesen, (tut das bitte nicht, falls ihr in einer ähnlichen Situation steckt), es tut nicht gut. Jetzt lese ich immer noch ein wenig, aber wenn dann Dinge die mir gut tun, meistens zumindest. Der nachste Schritt wird sein, wem erzähle ich von der Diagnose, wann und wie.

Eine Stanze ( Biopsie der Brust) muss man nicht mitgemacht haben, ist aber in meinem Fall notwendig und wird also heute am 13. März gemacht. Ja mutig und tapfer muss man sein, aber erstmal nur für heute. So eine Biopsie ist wirklich nichts für schwache Nerven. Eine riesige Nadel mit einem Kasten hinten dran wird nach kurzer örtlicher Betäubung an verschiedenen Stellen in deine Brust gejagt um Gewebe am Tumor zu entnehmen. Da bei mir mehrere Tumore vermutet wurden, wird mehrmals gestanzt. Das Geräusch bei jeder Stanze erinnert an einen elektrischen Tacker. Ich werde die Worte meines Arztes und meiner Ärztin bis heute nicht vergessen, die während dieser Biopsie als erstes gefallen sind. „Wir werden Sie auf Heilung behandeln, Sie können wieder gesund werden." In diesem Moment weißt du nicht ob du lachen oder weinen sollst, denn mit diesem Satz ist habe ich die Gewissheit, ich habe Brustkrebs und mich wird vermutlich keiner mehr aus diesem Albtraum aufwecken. Da ist etwas in meiner Brust was mich krank macht. Jetzt muss ich mich drauf verlassen, dass ich hier in dieser Klinik gut aufgehoben bin und vollstes Vertrauen in mein mich behandelndes Team habe.

Die Biopsie habe ich überstanden, Schmerzen halten sich in Grenzen, aber es ist unangenehm und die Einstichstellen blau. Heute bekomme ich die vorläufigen Ergebnisse, damit das Wochenende nicht so unerträglich wird. Die Tumorkonferenz findet erst am Montag statt und die endgültige Besprechung und Planung am Mittwoch. Wie schon befürchtet, sind es wirklich drei bösartige Tumore. Es ist ein hormonbasierter Krebs. Genauere Bestimmung erfolgt bis nächsten Mittwoch. Es beginnt wieder die Zeit des Wartens. Absolutes Gedankenkarussell zwischen Angst und dem Gefühl den Verstand zu verlieren.

Wie sage ich es meinen Kindern? Eine schwierige Frage. Gleich am Anfang habe ich ihnen zusammen erzählt was los ist. Sie haben ja mitbekommen, dass etwas nicht stimmt und es mir nicht gut geht. Ich wollte sie auf keinen Fall in Ungewissen lassen, denn Unwissenheit schürt nur Angst. Ich bin wirklich bis heute so stolz auf meine Kinder. Mit welcher Stärke sie das alles mittragen. Sie sind alle so gewachsen in dieser Zeit. Mutig, stark und selbstständig. Das soll nicht heißen, dass es nicht auch viele Tränen gab. Das Wichtigste war wirklich ganz offen und zwar mit jedem der drei Kinder einzeln zu sprechen, angepasst an ihr Alter. Bis heute bin ich immer noch erstaunt, wie unterschiedlich die Gedanken der Kinder zu diesem Zeitpunkt waren. Die Jüngste hörte eigentlich nur zu und ich versuche ihr zu vermitteln, dass sie keine Angst haben muss, was schwer ist, wenn man selbst Angst hat. Die erste Frage meiner Mittleren war, wer das denn alles bezahlen wird, die ganze Behandlung? Und der erste und bis heute wichtigste Satz meines Großen war „Mama, an Weihnachten ist alles wieder gut", und dann haben wir noch ganz viel über Zellen, Krankheiten und Biologie gesprochen. Und genau deswegen ist es so wichtig, ganz individuell mit den Kindern zu sprechen. Sie haben so unterschiedliche Gedanken und Sorgen.
„Du kannst Angst haben und trotzdem mutig sein!"

Heute am 18. März hatte ich einen Termin bei meiner Frauenärztin. In dieser Praxis bin ich seit 1998. Leider lief dieser Termin alles andere als erhofft. Es ist wohl leider eine traurige Realität, dass manche Ärztinnen und Arzte nicht immer die nötige Empathie zeigen und nicht nur das, sondern ich war auch überrascht von ihrer Unwissenheit darüber, dass es seit Anfang 2022 ein neu gegründetes Kooperatives Integratives Brustkrebszentrum des Klinikums Esslingen und der Filderklinik gibt. Das war wirklich besonders belastend, da die Diagnose an sich schon eine immense emotionale Belastung darstellt. Ich hätte mir nur einen Bruchteil der Empathie und Zeit meiner Hausärztin gewünscht, in dieser ohnehin schon schwierigen Zeit. Diese ganze Situation in dieser Praxis war so skuril, dass für mich klar war, diese Praxis werde ich nie wieder betreten. Diesen Gedanken hatte ich immer mal wieder und jetzt ist wohl der richtige Zeitpunkt gekommen.
„Manchmal muss man sich einfach entscheiden: Entweder man bleibt stehen oder man geht den Weg der Veränderung."

Tag der Wahrheit oder bittere Realität
Heute 20. März um 9 Uhr sitze ich mit Verstärkung im Wartebereich der Station 2.7. der Frauenheilkunde der Filderklinik. Es ist unglaublich schwierig diesen Morgen in Worte zu fassen oder überhaupt einen klaren Gedanken zu fassen. Alle Ergebnisse sind da die am Montag in der Tumorkonferenz oder dem Tumorboard besprochen wurden. Dort nehmen immer genau die Mediziner/innen teil, die zur Fallbesprechung eines Patienten benötigt werden. In dieser Expertenrunde wurde also mein individueller Befund und meine Behandlung besprochen. Wir sitzen also alle im Besprechungszimmer, mir gegenüber meine behandelnde Arztin Frau Dr. Harnischmacher und Professor Dr. Kühn, Leiter des Brustzentrums der @die_filderklinik. Sie fangt an den Befund vorzulesen und den Behandlungsplan. Mein Krebs ist aggressiv (ein schnell wachsender hormonbasierterKrebs) und es sind drei Tumore, die nicht sonderlich günstig beieinander liegen. Was leider heißt, dass keine brusterhaltende Operation möglich ist. Das ist ein Schock. Was geht einem da durch den Kopf? Der Krebs muss weg, so schnell wie möglich, aber warum so? Professor Dr. Kühn ist ein spezialisierter Brustoperateur (Breast Surgeon) der Arbeitsgemeinschaft für wiederherstellende Operationen in der Gynäkologie (AWOgyn). Wie dankbar bin ich bis heute, dass ich in dieser Klinik und bei diesen Ärzten gelandet bin. Mit welcher Ruhe und Empathie er mir erklärt wie diese Operation verlaufen wird und dass tatsächlich für mich die Möglichkeit besteht, bei dieser Operation einen gleichzeitigen Wiederaufbau der Brust zu machen, macht mir Mut. Und als er loszieht um mal kurz seine Implantatskiste zu holen und ich das erste Mal in meinem Leben ein Silikonimplantat in der Hand habe, müssen wir sogar alle ein bisschen lachen. Zu diesem Zeitpunkt ist klar, es wird eine zeitnahe Operation stattfinden. Uber eine Chemotherapie sprechen wird, aber es besteht die Hoffnung, dass ich vielleicht keine machen muss, sie warten noch auf einen Wert den sogenannten Onkotype (gibt Aufschluss darüber ob eine Chemotherapie das Risiko verringert, erneut an Brustkrebs zu erkranken.)
Nächster großer Schritt nun erstmal die OP!

Plötzlich stehe ich da und weiß, dass ich meine Arbeit so nicht mehr machen kann. Zu den Ängsten wegen meiner Krankheit kommen nun auch Existenzängste hinzu. Und dann bricht alles über mir zusammen. Es ist Mitte März und mir klar, dass ich nicht nur meinen jährlichen Messebesuch auf der H&H in Köln absagen muss, sondern auch all meine Nähkurse. Meine Kindernähkurse, die Oster- und Sommerferienkurse sowie die regulären Kurse und Kindergeburtstage – alles muss abgesagt werden. Das bricht mir das Herz. Meine Arbeit ist mein Leben, mein viertes Kind. Es fällt mir unglaublich schwer, die richtigen Worte zu finden, um meinen Kunden mitzuteilen, was los ist. Es ist mir wichtig, kein Geheimnis daraus zu machen, aber ich möchte auch niemanden erschrecken. Und so ist der Zitronensommer entstanden. Ich bin sehr dankbar für die vielen positiven Nachrichten meiner Kunden. Aber die Angst bleibt: Wie geht es weiter? Wann kann ich wieder zurückkehren und meine Arbeit so machen wie zuvor, im Leben 1.0? Eines weiß ich sicher: Auch im Leben 2.0 möchte ich genau das tun, was ich liebe. 2025 bin ich zurück, vielleicht mit einem Sommerfest in der Kreativwerkstatt Stilgefühl, mit ganz viel leckerer Zitronenlimonade.
Und ich freue mich darauf!

Heute, am 27. März findet die große OP-Besprechung mit meinem Ärztteam statt. Zunächst wird eine Blutabnahme durchgeführt, gefolgt von der Aufklärung über die anstehende Mastektomie mit Sofortrekonstruktion (eine Sofortrekonstruktion bedeutet, dass die Rekonstruktion zum gleichen Zeitpunkt beginnt, an dem die Mastektomie, die Entfernung der Brust, durchgeführt wird) und einem weiteren Ultraschall. Anschließend geht es zur Anästhesie-Vorbereitung, die gut verläuft. Die Ärztin, die die Aufklärung über die Vollnarkose übernimmt, ist wirklich sehr freundlich und kann mir meine Ängste nehmen. Ich spreche mit ihr über meine große Sorge, während der OP etwas mit zu bekommen und nichts sagen zu können, da ich noch nie operiert wurde. Sie erzählt mir von der sogenannten „Scheiß-Egal-Pille“, die man kurz vor der OP bekommt und die einem ein beruhigendes Gefühl gibt. Das sage ich natürlich nicht „nein“, die brauche ich unbedingt. Zum Ende des Termins gibt es jedoch eine unangenehme Überraschung: eine Untersuchung, bei der die Lymphknoten gefärbt werden. Drei bis fünf Wächterlymphknoten sollen bei der OP mit entfernt werden, damit man diese besser erkennen kann, werden sie mittels dieser Färbung markiert. Nach der Operation werden sie in der Pathologie untersucht, ob sie befallen sind. Dabei wird mir mittels örtlicher Betäubung ein Medikament (superparamagnetisches Eisenoxid-Nanopartikel) in die Brust gespritzt. Diese neue Methode ersetzt das früher verwendete radioaktive Technetium. Trotz der modernen Technik ist die Untersuchung sehr schmerzhaft, besonders das Einspritzen und die Verteilung des Mittels. Es ist die bisher schmerzhafteste Untersuchung. Ich bin sogar kurz am Überlegen, ob ich, wenn ich das überlebe, alle im Raum anschreie. Mein Tag ist wirklich gelaufen heute. Bekomme jetzt noch restliche Infos für die Operation. Am Montagabend, den 1. April, werde ich stationär in die Klinik aufgenommen, und die OP ist für den 2. April um 8 Uhr angesetzt. Ich entscheide mich für ein Einzelzimmer, da ich wegen meiner anhaltenden nächtlichen Schlaflosigkeit mehr Ruhe brauche und ich nicht recht weiß, was nach OP so auf mich zukommt.
Jetzt heißt es noch vier Tage warten.

Ich bin mir sicher, dass ich mit der Filderklinik die richtige Wahl für mich getroffen habe. Der Weg dorthin war ein wahrhaftig glücklicher Umstand. In einer Zeit, in der ich große Unsicherheit und Angst verspüre, ist das Team der Filderklink äußerst engagiert, einfühlsam und empathisch. Nach langer Uberlegung habe ich mich entschieden, heute am 28. März meine langen Haare abzuschneiden. Der Grund dafür ist die bevorstehende Operation am 2. April. Nach der OP ist es für mich praktischer, kürzere Haare zu haben. Meine langen Haare und mein Zopf gehören zu mir und es fällt mir nicht leicht, mich davon zu trennen. Aber die Vorstellung bei meinem Haarwaschtick, meine Haare nicht ordentlich richten zu können, zeigt mir, dass diese Veränderung nicht nur eine Notwendigkeit für mich ist, sondern auch der erste Schritt, den Mut und die Stärke für diese Zeit aufzubringen. Zu meinem Glück, hat mich dabei mein Zitronensommer-Bestie @julie_lisette unterstützt.

Die OP steht an
Es ist Ostern. Meine bevorstehende Operation steht im Raum und die letzten Tage waren von starken Emotionen geprägt. Der Gedanke an die Operation lässt den Kopf nicht zur Ruhe kommen, doch gleichzeitig muss der Alltag für die Kinder so normal wie möglich weiterlaufen. Die Angst und das Gefühl, alleine zu sein, sind schrecklich, doch ich bekomme tolle psychoonkologische Unterstützung in der Filderklinik. Trotz dieser Hilfe lassen sich die Zusammenbrüche nicht immer vermeiden. Glücksbringer, liebe Post und Umarmungen sind in diesen Tagen besonders tröstlich. Mein Bruder reist am Sonntag extra noch aus London an. Ohne meine Familie, meine Zitronensommer-Besties und partner in crime hätte ich diese Tage nicht überstanden. Das Packen für den Krankenhausaufenthalt schiebe ich vor mir her, doch schließlich ist alles vorbereitet. Der Abschied von den Kindern, die mir noch kleine Glücksbringer und Geschenke geben, fällt schwer. Um 18:45 Uhr geht es zur Filderklinik. Der Weg durch den Flur zum Aufzug fühlt sich an wie der Gang auf eine Schlachtbank. Dank des Feiertags kann ich direkt auf Station 3.7, wo ich schon erwartet werde. Mein Zimmer ist groß und schön – genug Platz, um zu tanzen, wenn auch nur symbolisch als letzter Tanz vor einem neuen Lebensabschnitt. Das Pflegepersonal ist sehr freundlich, und besonders die Nachtschwester ist ein Engel. Sie begleitet mich durch die schlaflose Nacht, sitzt an meinem Bett und redet mit mir. Ihre Hingabe ist in einer Zeit, in der Pflegekräfte stark beansprucht sind, besonders wertvoll. Hier steht der Mensch wirklich im Mittelpunkt.
Morgen früh um 8 Uhr beginnt der nächste Kampf: Wir treten dem Krebs gemeinsam in den Hintern.

OP- Tag
Angst ist mein ständiger Begleiter. Aber was ist schon eine OP im Vergleich zu einem hoffentlich langen Leben? Nach einer schlaflosen Nacht kommen die letzten Vorbereitungen. Zum Glück darf ich noch Besuch empfangen, bevor es losgeht. Die Nachtschwester Jessica, von der ich noch Tage nach der OP dachte, sie heißt Paula, war immer noch da. Sie wird mich später in den OP begleiten und auch dort wieder abholen. Gegen 7 Uhr ziehe ich mein schickes OP-Hemd an. Um 8 Uhr soll es losgehen, sobald der OP anruft und bereit ist. Doch dann heißt es, es würde wohl ein wenig später werden. Die Anspannung ist kaum auszuhalten, und mein Blutdruck spielt verrückt. Jessica klärt ab, dass ich endlich die heiß ersehnte „Scheiß-Egal-Pille“ bekomme. Ich sage euch, auch in Zukunft werde ich diese nie ablehnen. Als es dann in Richtung Aufzug zum OP geht, kann ich sogar schlechte Scherze machen, und ein Gefühl der Gelassenheit breitet sich in mir aus. Es ist ein Segen, dass es heutzutage so etwas gibt. Zum ersten Mal werde ich durch die Schleuse in den OP gefahren. Viele Schwestern sind dort beschäftigt. Ich darf von meinem Bett auf den OP-Tisch wechseln und bekomme eine hübsche Haube auf den Kopf sowie eine Wärmedecke. Von dort werde ich in einen Raum vor den Operationssaal geschoben. Mir wird ein Zugang gelegt, und das Personal ist sehr freundlich und bemüht. Die Anästhesistin erklärt mir, was als Nächstes passiert. Ich erinnere mich nur noch daran, dass sie mich fragt, wohin ich in den Urlaub reisen möchte. „Madeira“ ist meine Antwort. Und dann, plötzlich, öffne ich die Augen und sehe ein wunderschönes Bild über mir. Die Uhr im Aufwachraum zeigt ungefähr 10:30 Uhr an. Ich kann mich bewegen und realisiere, dass ich es geschafft habe. Ich bin wieder da. Mein Engel, wie ich sie seit da nenne,Michaela, steht neben mir. Sie hat heute Dienst und ist extra gekommen, damit ich nicht alleine bin. Auch in den Tagen danach besucht sie mich auf Station. Dafür bin ich ihr so dankbar. Ehrlich gesagt kann ich mich nur bruchstückhaft erinnern, was danach passiert ist. Ich wurde auf mein Zimmer gebracht und dort schon empfangen. Laut den Erzählungen meiner Kinder am Telefon war meine Sprache wohl ziemlich lustig. Alle Befürchtungen, dass es mir nach der OP schlecht gehen könnte, mit Übelkeit und Schmerzen, haben sich nicht bestätigt. Ich habe es wirklich geschafft: Der Krebs, dieser Arsch in meiner Brust, ist weg. Ein kurzer Blick unter mein OP-Hemd verrät, dass alles wie geplant verlaufen ist. Am Nachmittag schaffe ich es sogar, mich umzuziehen, alleine auf die Toilette zu gehen und mich ein bisschen vom vielen orangen Desinfektionsmittel zu befreien. Ich bekomme ein tolles Essen, und mein Ärzteteam kommt vorbei und ist sehr zufrieden. Auch die Psychoonkologin schaut vorbei. Etwas gewöhnungsbedürftig ist die Drainage, die zur Ableitung der Wundflüssigkeit aus der Brust dient. Ich werde den restlichen Tag und die Nacht gut versorgt. Nun heißt es erholen.

Die Tage nach der OP verlaufen gut. Ich habe erstmals einen Blick riskiert und ja, ich bin froh, dass die OP so verlaufen ist und die Brust direkt rekonstruiert wurde. Ich erhole mich einigermaßen gut, bekomme Besuch von den Kindern und der Familie. Und ich bekomme meinen ersten Blumemstrauss von Fleurop in die Klinik. Ich bin so toll versorgt in der Filderklinik. Angefangene beim Essen, bis hin zur Maltherapie. Die Schwestern nehmen sich sogar Zeit für Rückeneinreibungen und Leberwickel. Die Schmerzen sind aushaltbar. Ich bin nur wirklich grün und blau, ich glaube diese Hämatome von der OP tun mehr weh als die operierte Brust. Ich habe von der OP noch eine Drainage. Die ist wirklich unangenehm. So richtig klappt es auch nicht. Am zweiten Tag nach der OP immer noch keine Wundflüssigkeit im Beutel. Und dann plötzlich läuft es los, leider zieht sich die operierte Brust zu stark zusammen, so dass entschieden wird schon am dritten Tag die Drainage zu ziehen. Davor habe ich richtig Angst. Eine Schwester zieht die Drainage und bis ich dazu komme, Angst zu haben, ist sie schon draußen. Die ersten Ergebnisse des Pathologen sind da und meine Ärztin meint, dass ich eventuell keine Chemotherapie benötige. Ein kleiner Hoffnungsschimmer. Mal sehen, bis die restlichen Ergebnisse da sind. Der sogenannte „Oncotype DX Test“ steht noch aus. Der Test ermöglicht einen Einblick in die Biologie Ihres Tumors, was mit herkömmlichen Untersuchungen (klinische und pathologische Eigenschaften) nicht möglich ist. Ohne den Oncotype DX Test können Ärzte das Risiko, dass der Krebs zurückkehrt, lediglich schätzen. Daher ist dieser Test sehr wichtig. Dauert aber noch ein paar Tage. Und dann bekomme ich noch Besuch vom Sanitätshaus, ich muss einen speziellen Kompressions-BH tragen für acht Wochen. Das Ding ist unbeschreiblich scheußlich. Wer bitte denkt sich, dass ein hautfarbener Kompression-BH schön ist? Naja egal, Gesundheit geht vor. Meinen Arm kann ich wirklich schlecht bewegen und heben darf ich die nächsten Wochen auch nichts schweres. Zum Glück hat dieser tolle BH vorne einen Reißverschluss und an den Schulter Klettverschluss, das erleichtert das Anziehen. Aber ihr seht schon, das Ding ist wirklich scheußlich. Meine Nächte sind meistens schlaflos, immer noch. Ich bekomme weiterhin psychoonkologische Betreuung. Ich schaffe es sogar, mit meiner Psychologin durch den Garten der Filderklinik zu laufen. Und dann ist endlich Samstag, 7.April und ich darf nach Hause. Die Kinder haben alles schön gerichtet und mir ein wunderschönes Willkommensschild gebastelt.
Am 11. April habe ich meinen nächsten Termin.

Am Ende wird alles gut.
Oder?
Wenn die Dinge seit Wochen oder Monaten nicht so laufen, wie ich es mir erhofft habe, spüre ich, wie sehr mich das belastet. Immer wieder werde ich von äußeren Umständen bestimmt, die viel Raum in meinem Alltag einnehmen. Rückschläge? Sie werden immer schwerer zu ertragen – und dabei spreche ich nicht einmal von den gesundheitlichen Herausforderungen, sondern von den alltäglichen. Es sind die kleinen Dinge, die ich geplant habe oder gerne tun würde, aber einfach nicht schaffe. Mein Kopf und mein Körper machen oft nicht mit, und das erinnert mich jedes Mal schmerzlich daran, was seit Wochen und Monaten hier gerade passiert. Dabei sollte ich doch nur Schönes tun, um die dunklen Gedanken zu vertreiben, oder? Aber heute nicht. Heute möchte ich wütend und traurig sein. Denn auch das ist Krebs. Es ist nicht nur „Denk positiv“, „Sei stark“ oder „Am Ende wird alles gut“. „Sicher?“ „Nein.“
Manchmal ist Krebs einfach das, was er ist: eine Lebenskrise.

3.8. Anna und die Wächterlymphknoten
Tatsächlich habe ich festgestellt, dass in meinem Tagebuchbericht zur OP noch zWei Dinge fehlen. Ich hatte ja davon erzählt, dass vor der OP meine Lymphknoten markiert wurden, um sie Während des Eingriffs leichter zu finden. Bei der Brust-Op wurden mir dann drei Wächterlymphknoten entfernt, um zu untersuchen, ob sie befallen sind. Diese wurden durch einen etwa 3-4 cm langen Schnitt in der linken Achselhöhle entnommen. Auf das Ergebnis musste ich dann einige Tage warten.
Und dann möchte ich euch noch von "3.8. Anna" erzählen.
Als ich am 1. April in die Klinik gekommen bin, habe ich verschiedene Schwestern auf Station kennengelernt. Alle waren unglaublich lieb und nett, aber manche Menschen bleiben einem einfach mehr in Erinnerung. So geht es mir mit einer jungen Krankenschwester, die ich bis heute „3.8. Anna" nenne. Sie hatte Rastas und eine wahnsinnig sympathische Ausstrahlung.
Auch sie hat mich vor der OP betreut und begleitet. Durch die „Scheißegal-Tablette" und die ganze Aufregung war ich fest davon überzeugt, dass sie Paula heißt. Ich hätte alles darauf verwettet und ließ mich auch nicht vom Gegenteil überzeugen. Bis an einem Vormittag nach der OP ihr Telefon Klingelte und Sie sich mit „3.8. Anna" meldete. Seitdem bleibt sie für mich „3.8. Anna".

Der Alltag nach der OP
Am 4. April habe ich die Ergebnisse der entfernten Lymphknoten erhalten - zum Glück sind sie nicht befallen. Das ist ein Wichtiger Schritt für meine weitere Behandlung und erhöht die Chance, ohne Chemotherapie auszukommen. Der Krebs befand sich nur in der Brust und in der Lymphbahn. Hätte man ihn nicht so früh entdeckt, wäre er wahrscheinlich bald in die Lymphknoten übergegangen.
Die ersten Tage nach meiner Rückkehr aus dem Krankenhaus waren seltsam. Ich war stark eingeschränkt, was meine BeWegungen betraf, und Konnte viele Dinge nicht allein bewältigen.
Besonders das Anziehen meines Kompressions-BHs war eine Herausforderung, da ich es nicht schaffte, mit der linken Hand den Reißverschluss zu schließen. Alles war schwierig, da ich Linkshänderin bin und in den ersten Wochen nichts heben durfte - nicht einmal einen Wäschekorb oder eine Einkaufstüte. Schlafen konnte ich nur auf dem Rücken.
In einem Haushalt mit drei Kindern liegt es nahe, eine Haushaltshilfe in Anspruch zu nehmen. Meine Ärztin machte mich auf diese Möglichkeit aufmerksam, und meine liebe Freundin Alex wusste sofort Rat. Sie hatte selbst diese Hilfe in Anspruch genommen und erfuhr zufällig, dass ihre damalige Haushaltshilfe und mittlerweile gute Freundin Laura ab dem 8. April frei war. Ein Telefonat genügte, und Laura und ich waren uns einig, dass das super passt. Sie konnte bereits am 8. April bei uns anfangen. Die Krankenkasse genehmigte die Haushaltshilfe sofort für 20 Stunden pro Woche.
So einfach könnte das Leben sein, doch leider war die Annahme dieser Hilfe nicht für alle hier so positiv wie für mich. Aber über das Thema „Hilfe annehmen" werde ich noch gesondert schreiben. Es war ein Kampf für mich, diese Unterstützung in den Kommenden Wochen zu rechtfertigen. Laura war für mich und die Kinder eine echte Bereicherung. Sie half uns im Haushalt, Kochte, ging einkaufen und kümmerte sich liebevoll um Emma.
Die beiden backten zusammen Emmas Backbuch von vorne bis hinten durch, und Lotta brachte Laura bei, wie man Frühlingsrollen selbst macht. Gemeinsam entdeckten wir unser Lieblingsgericht: Udonnudeln mit Erdnusssauce. Laura gab mir unendlich viel Zuversicht, wohl auch, weil sie durch persönliche Erfahrungen eine enge Verbindung zu dieser Krankheit hat. Ich konnte mit ihr lachen und Weinen, und nichts hätte mir Besseres passieren können.
Trotzdem fiel es mir schwer, mich zu erholen, da ich mich mit dieser Erkenntnis oft allein fühlte.
Manchmal wünschte ich mir, wieder im Krankenhaus zu sein. Der Alltag als Mutter nach einer solchen op war die Hölle. Der Schmerz, Keine gute Mutter mehr zu sein, weil man so viel abgeben muss, und die ständige Angst, nicht genug zu sein, begleiteten mich. In die Augen meiner Kinder zu schauen und ihre Angst zu sehen, war unerträglich. Stark zu sein, obwohl mir nach Weinen war, und vor den Kindern zu weinen, ohne mich dafür zu schämen - das war eine enorme Herausforderung und zu diesem Zeitpunkt Wusste ich noch nicht, was in den kommenden Wochen und Monaten noch alles auf uns zukommen würde.

Weck mich bitte auf ...
... aus diesem Albtraum.
Am Donnerstag, dem 11. April, um 9 Uhr habe ich einen Termin auf Station 2.7 zur Besprechung aller Ergebnisse und zur op-Kontrolle. Ich habe Angst. Die Nacht War eine Katastrophe. Im Wartebereich höre ich durch die offenen Türen Worte Wie „Chemotherapie" und „erklären Sie es ihr", und in diesem Moment weiß ich genau, dass es um mich geht. Keine positiven Gedanken oder Daumendrücken haben geholfen.
Als ich das Zimmer betrete, strömen die Worte meiner Ärztin auf mich ein, und ich fühle mich, als würde ich ertrinken. Alles, was ch noch höre, ist mein eigener Herzschlag. Ich werde also eine Chemotherapie machen müssen, um mögliche Krebszellen in meinem Körper auszurotten und das Risiko eines Wiederauftretens in den nächsten Jahren um 20 % zu senken, auf etwa 5 %.
Diese Entscheidung basiert auf den Ergebnissen des onkotype Tests. Ich habe keine Wahl, denn mit drei Kindern bleibt nichts anderes, als zu kämpfen.
Bald werde ich eine Weitere OP haben, um einen Port zu bekommen. Ich werde Wohl meine Haare verlieren und die nächsten sechs Monate viel Zeit in der Onkologie der Filderklinik verbringen. Geplant sind 16 Behandlungen in zWei Zyklen: Im ersten Zyklus viermal alle 14 Tage Epirubicin, im zWeiten Zyklus zwölfmal wöchentlich Paclitaxel.
Ich erhalte ein Rezept für eine Perücke und für zahlreiche Medikamente gegen die Nebenwirkungen der Chemotherapie.
Die Kontrolle der operierten Brust tritt an diesem Tag in den Hintergrund, auch wenn der Professor mit dem Heilungsverlauf zufrieden ist und nur wenig Wundflüssigkeit vorhanden ist. Doch momentan kann ich nichts Positives sehen.
Am 23. April muss ich in die Klinik, da am 24. April die Port-Op stattfinden soll und ein MRT der inneren Organe* durchgeführt wird, um auszuschließen, dass sich dort Metastasen versteckt haben.
Auf geht in den nächsten großen Kampf.

Die Haare werden wohl gehen
Der Haarausfall wird wohl eine der ersten Folgen der Chemotherapie sein, wahrscheinlich schon nach der zweiten oder dritten Behandlung. Obwohl ich die Kühlhaube verwenden werde, gibt es keine Garantie, dass sie den Haarausfall verhindern kann. Ich habe ein Rezept für eine Perücke bekommen und zum Glück ein Zweithaarstudio in der Nähe gefunden: die Haarmanufaktur von Manuela Markpfleger. Sie hatte kurzfristig einen Termin frei, und so werde ich diesen Schritt gemeinsam mit meinen Beesties angehen. Es ist noch schwer vorstellbar, sich in dieser Situation “neue Haare” auszusuchen.
Schon beim ersten Treffen mit Manuela war mir sofort klar: Die Sympathie stimmt. Da ich ohnehin schon kurze Haare habe und mir vorstellen kann, sie noch kürzer schneiden zu lassen, werde ich eine Kurzhaarperücke wählen. So wird der Schritt zum vollständigen Abrasieren hoffentlich nicht ganz so hart.
Das Anprobieren der Perücken ist anfangs sehr schwer für mich. Die Vorstellung, eine Perücke zu tragen, löst Panik in mir aus. Aber mit der Zeit gewöhne ich mich langsam an den neuen Anblick, und die Panik lässt nach. Schließlich beginne ich, meine neuen Haare zu akzeptieren. “Panik Petra”, so nenne ich die Perücke, wird ein Teil von mir.
Ob wir wohl gute Freunde werden? Manuela berät mich jedenfalls großartig und hat drei Perücken zur Auswahl bestellt. Ich bin mir allerdings sicher, dass es Petra werden wird. Auch die Meinungen meiner Kids und meiner Familie sprechen mehrheitlich für Petra. Wenn alles gut läuft, kann ich sie schon am Freitag abholen.
Bis dahin werde ich mich wohl noch weiter mit dem Gedanken anfreunden müssen, meine Haare gegen Petra einzutauschen.

**Darf ich vorstellen: Panik Petra**
Der große Tag ist gekommen – heute hole ich meine neuen Haare und alle wichtigen
Utensilien für Haare, Nägel und Haut während der Chemo ab. Ich bin ziemlich aufgeregt,
denn noch sind meine eigenen Haare da – kurz, aber immerhin.
Bei Manuela angekommen, werde ich herzlich empfangen und fühle mich gleich wieder
wohl. Sie hat die drei Perücken bestellt, die wir am Dienstag gemeinsam ausgesucht haben.
Ich probiere sie alle mehrmals an und treffe schließlich die Entscheidung: Es wird Panik
Petra.
Manuela erklärt mir alles ganz genau, vor allem, wie ich die Perücke richtig pflege.
Mehrmals übe ich, sie selbst aufzusetzen und abzunehmen, damit sie später perfekt sitzt.
Zusätzlich entscheide ich mich noch für ein Onko-Set mit Kopfhautöl, Nagelöl, Nagellack
und einer Mütze.
Mit Petra im Gepäck mache ich mich auf den Heimweg.

Und wieder heißt es: packen. Die Port-OP steht an. Am Dienstag, den 23. April, muss ich
erneut in die Filderklinik und am Mittwoch ist die Operation geplant. Zusätzlich steht noch
eine kardiologische Untersuchung an, die vor der ersten Chemotherapie durchgeführt
werden muss, da die Chemo das Herz schädigen kann und man daher einen Ausgangswert
benötigt. Leider sind auch noch zwei weitere Untersuchungen fällig, die ich bisher verdrängt
hatte: ein CT der inneren Organe und eine Knochenszintigraphie.
Das CT wird direkt nach der Port-OP in der Filderklinik gemacht, für die
Knochenszintigraphie muss ich nach Ruit. Die Port-OP soll ohne Vollnarkose erfolgen,
stattdessen mit örtlicher Betäubung und Propofol. Daher stelle ich mir mit Hilfe meiner
Zitronenbeasties eine Playlist zusammen, da ich Kopfhörer und mein Handy mitnehmen
darf. Der Titel meiner Playlist: „Fucking Tuesday“ oder „Life is a fucking bitch“.
Mein Zimmer in der Klinik ist wieder sehr angenehm, das Personal auf Station ist freundlich.
Vor der OP stehen noch verschiedene Aufklärungsgespräche an. Die Schwester in der
Notaufnahme scheint einen schlechten Tag zu haben, was ihr Verhalten vielleicht erklären
würde. Sie fragt mich tatsächlich, ob ich nicht alleine kommen könnte, das hier sei
schließlich kein Familientreffen. Ich bin momentan nicht in der Lage, vieles allein zu machen,
und das möchte ich auch nicht. Ihre Frage trifft mich unerwartet und Tränen schießen mir in
die Augen. Zum Glück ist mein Papa bei diesem Gespräch dabei. Die Ärztin hingegen ist
freundlich und verständnisvoll, und der Rest des Tages verläuft reibungslos.
Am Abend steht dann die Herzuntersuchung an, die schnell durchgeführt wird, und alles ist
in Ordnung. Morgen früh um acht ist die OP und am Nachmittag das CT.
Ich bekomme wieder die „Scheißegal-Pille“ und gehe mit Kopfhörern und Handy in den OP.
Ich bekomme nicht viel mit, und als ich aufwache, wundere ich mich über die Uhrzeit – es ist
viel Zeit vergangen. Später erfahre ich, dass ich während der OP husten musste und daher
eine Vollnarkose nötig wurde. Sonst ist aber alles gut verlaufen, und ich habe kaum
Schmerzen.
Am Nachmittag steht noch das CT an. Da ich noch etwas schwach bin, werde ich im
Rollstuhl zur Radiologie gefahren. Die Mitarbeiterinnen dort sind freundlich. Sie erklären mir,
wie die Untersuchung abläuft und dass sich das Kontrastmittel so anfühlt, als würde man in
die Hose pinkeln. Ich überstehe alles gut, und der Chefarzt der Radiologie kommt sogar
direkt vorbei, um mir mitzuteilen, dass das CT unauffällig ist. Die Erleichterung ist groß.
Noch am selben Tag darf ich nach Hause. Morgen habe ich einen Termin bei Frau Dr. Braun
in der integrativen Onkologie, und übermorgen beginnt bereits die erste Chemotherapie.

Kleiner Sprung in den Herbst, da morgen meine letzte Chemo sein wird. Ich werde das Tagebuch aber weiter füllen.

Der Tag vor der letzten Chemo – wie fühlt sich das an?
Gedanken und Fragen rasen durch meinen Kopf. Warum freue ich mich nicht? Sollte ich nicht "Juhu" schreien und vor Glück tanzen? Stattdessen überkommt mich ein Gefühl der Hilflosigkeit. Vielleicht, weil sich in den letzten sieben Monaten alles nur um die Krankheit gedreht hat, und jeder Tag fest durch Arzttermine und Behandlungen strukturiert war. Natürlich stehen noch viele Termine an, bis zur Reha. Aber vieles wird wegfallen, und plötzlich fühlt es sich leer an.
Ich muss zugeben, mir werden die Menschen fehlen – die Ärzte, die Schwestern und meine Wegbegleiterinnen. Einige werden mich weiter begleiten, andere werde ich – hoffentlich – nicht mehr sehen, zumindest nicht in der Chemoambulanz.
Nach sieben Monaten beginnt nun der schwierige Schritt, wieder in meinen Alltag zurückzufinden. Ein neuer Abschnitt der Behandlung liegt vor mir, und in vier Wochen startet die Reha. Das Motto der Klinik lautet „zurück ins LEBEN“, und das trifft es genau. Denn mit der Diagnose wurde ich innerhalb von Sekunden aus meinem bisherigen Leben herausgerissen. Der Weg zurück dauert dagegen vermutlich sehr viel länger.

Nach der Chemo ist… anders. Nicht wie vor der Chemo, aber auch nicht wie
währenddessen. Einfach nur ätzend. Man denkt vielleicht, wenn die Chemo vorbei ist, ist
alles gut. Aber das ist weit gefehlt. Die Chemo ist zwar vorbei, aber der Körper zeigt einem
deutlich, dass er genug hat.
Seit Freitag kämpfe ich mit geschwollenen Elefantenfüßen und Wassereinlagerungen im
ganzen Körper. Weil der Verdacht auf Thrombose bestand, bin ich heute spontan ins
Marienhospital gefahren. Zum Glück hat sich das nicht bestätigt, aber weiter bin ich jetzt
auch nicht.
Dafür gibt’s jetzt richtig schicke Kompressionsstrümpfe! Allerdings das An- und Ausziehen…
das ist echt eine eigene Disziplin. Beim Ausziehen dachte ich schon, ich brauche einen
Notarzt.
Ich wünschte, es wäre anders, aber der Weg zurück wird Zeit brauchen. Erwartungen sollte
man keine zu hohen haben. Ich hoffe einfach, dass mir die Reha hilft, schneller wieder auf
die Beine zu kommen.
Gerade fällt es mir schwer, die schönen Momente zu sehen, weil mein Alltag von den
Beschwerden, den Nachwirkungen der Chemo und der Hormontherapie bestimmt wird.
Nach der Chemo ist eben einfach nicht wie vor der Chemo.

Morgen ist der erste Dienstag ohne Chemo, und heute war der erste Montag ohne
Blutabnahme und das übliche Warten auf die Ergebnisse, ob für die Chemo alles passt. Wie
fühlt sich das an?
Obwohl die Chemotherapie vorbei ist, stecke ich gedanklich noch immer im
Wochenrhythmus fest. Die Nebenwirkungen der letzten Sitzung sind diesmal besonders
heftig. Zum Glück bleibt mir morgen weiteres Gift erspart.
Ich fühle mich erschöpft und ausgebrannt. Wie lange es wohl dauern wird, bis sich mein
Körper erholt? Gestern war ich das erste Mal wieder im Wald spazieren, mit vielen Pausen.
Kaum zu glauben, wie erschöpft man sein kann. Ich denke, das Zauberwort lautet "Geduld".
Am Donnerstag beginnt die Antihormontherapie: Abschlussgespräch nach der Chemo,
Kontrolle beim Kardiologen, Physiotherapie, Lymphdrainage, Hormonspritze, Blutabnahme –
das volle Programm.
Jetzt heißt es, gesund zu bleiben, damit die Reha bald starten kann.

Angst
„Angst war noch nie ein guter Begleiter“, genau diese Worte habe ich gestern Abend von
meiner lieben Sue gehört.
Ja, da hat sie recht.
Und die Angst, die sich so unbemerkt einschleicht und in deinen Kopf kriecht, ist besonders
tückisch.
Ich rede mir ja selbst ständig gut zu und dann ertappe ich mich, wie ich nochmals Zahlen,
Schaubilder und Statistiken interpretiere die mein Rezidivrisiko errechnen, wie ich wieder in
den Tiefen, der Internetsuchmaschine versinke und nach möglichen Folgen und
Nebenwirkungen der Antihormontherapie suche.
Aber all die Zahlen, Prozente und mögliche Folgen können da schwarz auf weiß, auf einem
Blatt Papier stehen, aber sie helfen nicht, dich zu beruhigen.
Ich bin eine von Acht. Eine von acht Frauen, die einfach das Pech haben, an Brustkrebs zu
erkranken. Ich habe den Kampf am 12. März 2024 begonnen und habe den schwersten
Kampf hoffentlich hinter mir, aber bis er wirklich vorbei ist, wird es noch dauern.
Gegen diese Angst zu kämpfen, ist vermutlich nicht der richtige Weg. Denn natürlich habe
ich Angst, riesengroße sogar. Man wird mit der eigenen Verwundbarkeit und Endlichkeit
konfrontiert.
All das erfordert viel Kraft und Auseinandersetzung mit sich selbst und dem Leben. Vieles,
was für mich vorher selbstverständlich war, wird plötzlich über Nacht bedroht oder in Frage
gestellt. Das Leben gerät ins Ungleichgewicht, die Leichtigkeit ist verschwunden. Dazu
kommen die wochenlange Therapien, die sich nicht nur auf das Wohlbefinden auswirkt,
sondern auch auf mich als Person. Da drängt sich ein unbekanntes Ich in den Vordergrund.
Die Angst zu akzeptieren und zu lernen, sie zu bändigen, wenn sie überhand nimmt, das
wünsche ich mir.

Morgen geht’s los mit der Anschlussheilbehandlung (AHB), und ich bin mir noch unsicher,
wie ich mich fühlen soll. Seit dem Ende der Akutbehandlung habe ich kaum die Zeit
gefunden, all das zu verarbeiten, was in den letzten sieben Monaten geschehen ist. Heute
vor genau sieben Monaten wurde die Biopsie gemacht, und das Ergebnis war klar:
Brustkrebs. Seitdem ist so unglaublich viel passiert, und manchmal habe ich das Gefühl, ich
habe Angst, über alles nachzudenken.
Ich bin gespannt, was mich in der Reha erwartet. Vorhin habe ich ein Bild von meinen drei
Tumoren angesehen. Plötzlich fiel mir auf, dass einer der Tumore, wenn man das Bild dreht,
wie ein Herz aussieht.
Morgen beginnt meine Anschlussheilbehandlung, und ich bin unsicher, wie ich mich fühlen
soll. Seit dem Ende der Akutbehandlung hatte ich kaum Zeit, alles zu verarbeiten, was in
den letzten sieben Monaten passiert ist. Genau heute vor sieben Monaten war die Biopsie,
und das Ergebnis war klar: Brustkrebs. Seitdem ist so viel geschehen, und manchmal habe
ich das Gefühl, Angst davor zu haben, über alles nachzudenken.
Vorhin habe ich ein Bild von meinen drei Tumoren angeschaut. Dabei fiel mir auf, dass einer
der Tumore, wenn man das Bild dreht, wie ein Herz aussieht. Schon verrückt, dass etwas so
Bedrohliches diese Form annehmen kann.

Start zurück ins Leben?
Teil 1
Die ersten Tage in der Luise von Marillac Klinik waren für mich sehr emotional und
bewegend. Am Montag begann meine Anschlussheilbehandlung (AHB), fast vier Wochen
nach meiner letzten Chemotherapie. Nun starte ich in dieser schönen Klinik in Bad
Überkingen in einen neuen Abschnitt. Während der gesamten Fahrt hierher habe ich
geweint – nicht nur, weil ich meine Kinder vermisse, sondern auch, weil mir erneut bewusst
wurde, warum ich überhaupt hier bin.
Der Abstand zu meinen Kindern belastet mich, aber gleichzeitig ist es wichtig, dass ich mir
nun die Zeit nehme, mich ganz auf mich selbst zu konzentrieren.
In den letzten Monaten habe ich oft einfach nur funktioniert und bin von Termin zu Termin
gegangen. Doch in meinem ersten Einzelgespräch am Montag blieb mir diese Worte
besonders im Gedächtnis: „Der Körper hat funktioniert, während die Seele in Watte gepackt
war. Jetzt, wo es dem Körper langsam besser geht, kann auch die Seele anfangen zu
heilen.“
Der Satz aus deinem Einzelgespräch ist so treffend und zeigt, wie Körper und Seele
zusammenhängen. Oft reagieren wir in Krisen oder belastenden Phasen mit einer Art
innerem Autopiloten – wir funktionieren einfach, um durchzuhalten. Mein Körper hat mich
durch diese Zeit getragen, und jetzt darf auch die Seele Raum finden, um zu heilen und das
Erlebte zu verarbeiten.
In einer Reha finde ich hoffentlich die Ruhe und Unterstützung, um Schritt für Schritt zu mir
selbst zurückzufinden und mich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Ich mache mich auf
diese Reise, auch wenn es manchmal schwer und schmerzhaft sein wird.

Vom Zitronensommer in den Zitronenwinter
Seit März gab es nur ein Ziel: Den Zitronensommer zu überstehen. Immer wieder hörte ich, dass es besser wird, sobald dieser Sommer vorbei ist. Zwei Operationen, sechzehn Chemotherapien und eine Rehabilitation später liegt dieser Sommer hinter mir. Doch statt der erhofften Leichtigkeit ist aus dem Zitronensommer ein Zitronenherbst geworden – und nun stehe ich im Zitronenwinter.
Zurück ins alte Leben? Ich fürchte, das wird nicht mehr möglich sein. Vielleicht gelingt es mir irgendwann, mich mit diesem neuen, anderen Leben anzufreunden. Doch die Frage, warum gerade ich, schwirrt immer wieder durch meinen Kopf – unbeantwortet.
„Krebsfrei“ ist ein großes Wort, doch es bedeutet nicht „geheilt“. Die Zeit muss noch zeigen, ob der Krebs tatsächlich Vergangenheit bleibt. Und die Ängste, die Sorgen – sie sind schwerer, größer geworden. Fast drückender als die letzten Monate voller Behandlungen. Es fühlt sich an, als trüge ich einen übervollen, viel zu schweren Rucksack auf meinem Rücken.
Aber vielleicht, irgendwann, wird dieser Rucksack leichter. Vielleicht kommt nach dem Zitronenwinter ja doch noch ein Frühling. Ein anderer Frühling, ein neuer. Doch bis dahin bleibt die Herausforderung, mit dieser Last zu leben – und sie Tag für Tag ein wenig mehr anzunehmen.

Wenn Angst plötzlich laut wird – kleine Veränderungen, große Panik
Seit der Begegnung mit Krebs hat sich mein Blick auf meinen Körper verändert. Früher waren kleine Hautverfärbungen, ein Ziehen oder ein Knubbel nur das – Kleinigkeiten. Heute sind sie der Beginn einer stillen Panik, die plötzlich laut wird.
Es ist schwer, anderen zu erklären, was in mir passiert, wenn ich eine helle Stelle hinter meinem Ohr sehe oder wenn mein Körper mir ein ungewohntes Gefühl sendet. In meinem Kopf beginnt sofort ein Sturm aus „Was ist das?“, „Ist es zurück?“ oder „Habe ich etwas übersehen?“
Ich weiß rational oft, dass es harmlos ist – dass die meisten Veränderungen nichts Schlimmes bedeuten. Aber meine Psyche erinnert sich. Sie kennt die Unsicherheit, die Diagnose, die Angst. Und sie will sich schützen, manchmal zu sehr.
Diese Panik ist nicht eingebildet. Sie ist ein Teil meiner Erfahrung. Sie ist mein Versuch, Kontrolle zu behalten in einer Welt, die mir einmal gezeigt hat, wie schnell sich alles ändern kann.
Ich lerne, mir selbst zuzuhören. Ich darf hinschauen, ich darf vorsichtig sein – aber ich will mich auch nicht mehr lähmen lassen. Es ist okay, Angst zu haben. Und es ist okay, Hilfe zu holen, wenn ich sie brauche – sei es medizinisch oder emotional.
Ich bin nicht überempfindlich. Ich bin achtsam. Und ich bin auf dem Weg, meinem Körper wieder ein Stück mehr zu vertrauen.

Hallo zusammen,
in letzter Zeit war es hier etwas ruhiger – ich habe bewusst eine kleine Pause eingelegt und mich auf andere Dinge konzentriert. Jetzt bin ich aber wieder da und werde die Beiträge, die liegen geblieben sind, nach und nach mit euch teilen.
Danke für eure Geduld und fürs Dabeibleiben!

Mach mit beim Pink Walk 2025 – Team Zitronensommer sucht DICH!
Wenn das Leben Zitronen gibt … lauf los!
Zitronensommer steht für meinen Sommer mit Krebs, Chemo & allem, was dazugehört – sauer, hart, aber auch voller Leben.
Ich laufe, weil ich zeigen will: Wir geben nicht auf. Für mich. Für andere. Für Hoffnung.
Der Pink Walk ist mehr als nur ein Spaziergang – es ist ein Zeichen. Für Hoffnung. Für Zusammenhalt. Für alle, die kämpfen und gekämpft haben.
Ich bin dieses Jahr mit meinem Team Zitronensommer dabei – und du kannst Teil davon sein!
Warum du mitmachen solltest:
• Gemeinsam für einen guten Zweck
• Bewegung, frische Luft & gute Laune
• Motivation und echte Verbundenheit
• Du zeigst: Wir sind mehr als die Krankheit!
Egal ob du läufst, gehst oder einfach nur da bist – Hauptsache, du bist dabei.
Lass uns gemeinsam Farbe bekennen – pink, laut & voller Leben.
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